Persönliche Haftung ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder
Hinweise zur persönlichen Haftung ehrenamtlicher
Vorstandsmitglieder in einem Tanzsportverein:
Die Haftung aus der Geschäftsführung gegenüber dem Verein -
Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung
Nahezu alle Sportvereine in Deutschland werden auch heute
noch von ehrenamtlichen Vorständen geleitet, die neben der
rechtsgeschäftlichen Vertretung (§ 26 Abs. 2 BGB) auch die
Geschäftsführung (§ 27 Abs. 3 BGB) wahrnehmen. In letzter Zeit (der
knappen Gelder) scheitert allerdings immer häufiger die Suche der
Vereine nach geeigneten Vorstandsmitgliedern an deren Sorge, aus
ihrer Tätigkeit für den Verein auch privat haften zu müssen.
Andererseits wiederum setzen sich nicht selten Vorstandsmitglieder
gerade dann einem persönlichen Haftungsrisiko aus, wenn sie
glauben, davor geschützt zu sein, weil sie "alles nur für den
Verein" und zudem "ehrenamtlich" tun. Aufklärung tut also Not.
Zwar rechnet § 31 BGB dem Verein das Handeln seiner
Organmitglieder als eigenes Handeln zu, gleich ob es sich um
Vertragsverletzungen (§§ 276, 280ff. BGB) oder unerlaubte
Handlungen (§§ 823ff. BGB) handelt. Auch enthält das Vereinsrecht
des BGB keine Aussage über die Haftung von Organmitgliedern
gegenüber dem Verein im Falle schuldhafter Schlechterfüllung der
ihnen übertragenen Aufgaben.
Allein dadurch entfällt jedoch nicht die Haftung der
Vorstandsmitglieder gegenüber dem Verein wegen etwaiger
schuldhafter Schlechterfüllung entweder eines auf unentgeltliche
Geschäftsbesorgung gerichteten Auftrags (die Regel bei unseren
Sportvereinen) oder eines auf entgeltliche Dienstleistung
gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrages (§§ 662ff, 675, 276 BGB).
Grundsätzliche Haftung bei Pflichtverletzungen
Grundsätzlich muss jedes Vorstandsmitglied (gegebenenfalls im
Rahmen des ihm in der Satzung oder einer Geschäftsordnung
zugewiesenen Aufgabengebietes) seine Handlungen und Unterlassungen
an der Sorgfalt messen lassen, die ein gewissenhafter und seiner
Aufgabe gewachsener Sachwalter anzuwenden pflegt. Dabei werden
jeweils Art und Größe des Vereins zu berücksichtigen sein; außerdem
wird die Messlatte für die Anforderungen an die Sorgfalt im
bezahlten Sport höher liegen als bei einem kleinen, lediglich
Breitensport anbietenden Verein. Im so zu findenden Rahmen hat ein
Vorstandsmitglied für die Folgen schuldhafter Pflichtverletzung
einzustehen und kann sich regelmäßig nicht damit entschuldigen, es
habe ihm an ausreichenden Kenntnissen und Fähigkeiten gemangelt.
Deshalb sollte auch jeder Kandidat für ein Vorstandsamt
ernsthaft prüfen, ob er die Fähigkeiten und die nötige Zeit für
eine gewissenhafte Geschäftsführung mitbringt. Mögliche
Pflichtverletzungen können sich insbesondere aus der Nichtbeachtung
staatlicher Gesetze, gerichtlicher Anordnungen, der Satzung oder
von Weisungen der Mitgliederversammlung ergeben.
Ein Vorstandsmitglied (gegebenenfalls in seinem
Aufgabenbereich) hat für die Erfüllung privatrechtlicher wie
öffentlichrechtlicher Verpflichtungen des Vereins geradezustehen.
So u.a. für ein Verschulden beim Abschluss von Verträgen, bei der
Nichterfüllung oder Schlechterfüllung von Verträgen, für die
Verletzung von Verkehrssicherungspflichten und Aufsichtspflichten,
für Verstöße gegen steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche
Verpflichtungen, aber auch für Nachlässigkeiten bei der
Durchsetzung von Ansprüchen des Vereins gegenüber Dritten. Weitere
Gründe für eine Pflichtverletzung können sich daraus ergeben, dass
eine drohende Insolvenz des Vereins nicht erkannt oder nicht
angemessen auf eine zu erwartende Überschuldung durch Einberufung
einer außerordentlichen Mitgliederversammlung oder gar
Insolvenzantragstellung reagiert wird. Auch kann eine Haftung aus
ungenügender Dienstaufsicht über Erfüllungsgehilfen bzw.
Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB ) folgen. Letztlich wird eine
Amtsniederlegung "zur Unzeit" ohne wichtigen Grund zur Haftung
führen können, wenn der Verein nicht in der Lage war, rechtzeitig
einen Nachfolger zu bestellen.
Nicht ohne weiteres Freistellung bei einfacher
Fahrlässigkeit
Für die Annahme eines Verschuldens bei Pflichtverletzungen
genügt neben Vorsatz und grober Fahrlässigkeit auch einfache
Fahrlässigkeit, denn die Grundsätze einer eingeschränkten
Arbeitnehmerhaftung, insbesondere bei gefahrengeneigter Arbeit
können nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und
Schrifttum bei Organmitgliedern von Vereinen nicht zur Anwendung
kommen. Für Vorstandsmitglieder gibt es auch im Falle einfacher
Fahrlässigkeit (anders als bei Vereinsmitgliedern, die ehrenamtlich
Vereinsaufgaben übernommen haben) keinen sogenannten
Freistellungsanspruch gegen den Verein.
Verminderung des Haftungsrisikos
Eine Milderung der Haftung einzelner Vorstandsmitglieder kann
aber dadurch erreicht werden, dass die Geschäftsführung des Vereins
in bestimmte Ressorts aufgeteilt wird (z.B. Schatzmeister,
Schützenmeister, Festwart usw.). Dies kann durch die Satzung, einen
Beschluss der Mitgliederversammlung oder eine, von der
Mitgliederversammlung beschlossene Geschäftsordnung erfolgen. Eine
grundsätzliche Überwachungspflicht besteht dann nicht mehr. Die
Vorstandsmitglieder haften für eine Pflichtverletzung aus einem
anderen Ressort nur noch, wenn sie sich nicht bemüht haben,
erkannte drohende Gefahren vom Verein abzuwenden (z. B. Pressewart
erkennt drohende Insolvenz, bleibt jedoch untätig). Für
Verfehlungen von Amtsvorgängern muss ein nachfolgendes
Vorstandsmitglied nur einstehen, wenn der Fehler erkannt und
gedeckt wurde.
Eine weitere Möglichkeit, das Haftungsrisiko zu begrenzen,
besteht darin, die Organmitglieder in der Satzung von der Haftung
für einfache Fahrlässigkeit ausdrücklich freizustellen.
Entlastung bedeutet Anspruchsverzicht
Die Entlastung, über die in der Regel satzungsgemäß durch die
Mitgliederversammlung zu befinden ist, hat die Wirkung eines
Verzichts des Vereins auf Bereicherungs- und
Schadensersatzansprüche sowie Abberufungsgründe, soweit diese der
Versammlung bekannt waren oder bei sorgfältiger Prüfung hätten
bekannt sein müssen. Grundlage für den Entlastungsbeschluss bilden
die Rechenschaftsberichte der Vorstandsmitglieder und die Berichte
etwaiger Rechnungsprüfer (Kassenprüfer). Zwischen diesen Berichten
und der in einer Entlastung liegenden Verzichtserklärung besteht
eine Wechselbeziehung dergestalt, dass die Tragweite der Entlastung
um so größer ist, je gründlicher und offener (auch über
Unangenehmes) berichtet wurde. Nur soweit die Vereinsmitglieder in
der Lage waren, die Tragweite ihrer Entscheidung im Einzelnen zu
überblicken, ist der ausgesprochene Verzicht auch wirksam. Würde
einem Vorstandsmitglied seiner Meinung nach zu Unrecht die
Entlastung verweigert, hätte es noch die Möglichkeit, gegen den
Verein auf Feststellung zu klagen, dass Ersatzansprüche nicht
bestehen.
Letztlich bleibt noch darauf hinzuweisen, dass Ansprüche des
Vereins gegen seine Vorstandsmitglieder in der Regel neuerdings
nach drei Jahren (§ 195 BGB) verjähren, soweit nicht im Einzelnen
besondere Verjährungsfristen (z.B. bei titulierten Forderungen)
gelten.
Zudem sind aber in den verschiedenen Sportbünden auch die
Vorstandsmitglieder der Vereine des jeweiligen Sportbundes über
einen Sportversicherungsvertrag mit einer Versicherung gemäß den
dortigen Bedingungen für ihre persönliche gesetzliche Haftpflicht
versichert.
(Quelle: Hans D. Heußlein, Rheinland-Pfalz)
In einem zweiten Teil werden wir uns mit der Haftung der
Vorstandsmitglieder gegenüber Dritten, insbesondere im Falle von
Insolvenz, Steuerschulden und Nichtabführung von Sozialabgaben
befassen.
Holger Liebsch
Deutscher Tanzsportverband
von Holger Liebsch Uhr