IOC-Präsident Rogge fordert Rückbesinnung auf Grundwerte
Jacques Rogge, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), hat bei einer Veranstaltung in der Frankfurter Paulskirche eine Rückbesinnung auf die Grundwerte des Sports gefordert. Rogge war am Dienstag, 27. September, Hauptredner bei dem erstmals tagenden Internationalen Olympischen Forum, das künftig jährlich in Frankfurt in prominenter Besetzung zusammen kommen soll.
In seinem Vortrag stellte Rogge fest: "Wenn der Sport an seinen
Preis denkt, verliert er seine Werte." Als Gefahren für den Sport
nannte Rogge an erster Stelle Doping, ferner Gewalt, Rassismus,
Korruption und Egoismus. Als Beispiel für letzteren nannte er die
mangelnde Bereitschaft von Sportlern, bei Wettkämpfen anzutreten,
bei denen wenig oder gar kein Preis- oder Antrittsgeld gezahlt
werde. Diese Sportler sollten nicht vergessen, woher sie kommen -
nämlich aus Vereinen, in denen Ehrenamtliche die Voraussetzungen
für den Sport schaffen, mahnte Rogge. Ferner zeigte der
IOC-Präsident sich über die wachsende Zahl von "Sportsöldnern"
besorgt, die um der besseren Chancen willen die Staatsbürgerschaft
wechseln.
Die Ausgangsfrage der Veranstaltung "Schafft Olympia Frieden?"
mochte Rogge nicht eindeutig bejahen. "Aber Sport schafft
definitiv bessere Menschen und definitiv eine bessere Welt",
betonte Rogge. Im Anschluss an den Vortrag fand eine
Podiumsdiskussion statt, an der unter der Leitung von
ZDF-Sportmoderator Michael Steinbrecher neben Rogge die
Leichtathletin Heike Drechsler, der Theologieprofessor Hans Küng
sowie Klaus-Peter Müller, Vorstandssprecher der Commerzbank AG,
teilnahmen.
Am Nachmittag hatte sich Rogge bereits mit Spitzenvertretern
des Sports aus dem Deutschen Sportbund und dem Nationalen
Olympischen Komitee getroffen und deutlich gemacht, dass die
olympische Charta bei der geplanten Bildung eines Deutschen
Olympischen Sportbundes (Zusammenschluss von DSB und NOK) zugrunde
liegen müsse. Danach müssen in der Vollversammlung des neuen
Verbandes die olympischen Sportverbände über die absolute Mehrheit
verfügen. Diese Regelung stößt vor allem bei den Landessportbünden
auf Unbehagen, da sie befürchten, in Fragen des Breitensports von
den olympischen Verbänden majorisiert zu werden. Die Gründung des
neuen Dachverbandes ist für 20. Mai 2006 geplant.
von Ulrike Sander-Reis Uhr