ADTV-DTV-Abkommen weiter im Gespräch
Eines der herausragenden Themen des diesjährigen
DTV-Verbandstags war die Frage des Fortbestandes oder der Kündigung
des ADTV-DTV-Abkommens.
Das Abkommen wurde in seiner ursprünglichen Fassung am 24.
August 1968 geschlossen; die jetzt noch aktuelle Fassung wurde vom
DTV-Hauptausschuss am 20. November 1993 verabschiedet. Es ist in
der Loseblattsammlung "Recht - Richtlinien - Ordnungen" des DTV
["Weißer Ordner"] unter Nr. 13, die Richtlinien zur Anwendung des
ADTV/DTV-Abkommens sind im Tanzspiegel 11/1998 veröffentlicht.
Die Diskussion ist eine Fortsetzung der beim Verbandstag 2003
in Jena begonnenen. Immer mehr Vereine hatten sich nämlich
gegenüber ihren Landesverbänden und gegenüber dem DTV darüber
beklagt, dass das Abkommen sie einseitig behindere, dies gelte in
erster Linie für die beiden ersten Sätze in Nr. 1 des Abkommens:
"Tanzkurse im Rahmen des Welttanzprogramms, wie sie
Tanzschulen durchführen, dürfen auch in DTV-Vereinen nur von
ADTV-Mitgliedern geleitet werden. ... Öffentliche Werbung durch
DTV-Vereine für Tanzkurse dieser Art ist nicht zulässig."
Nr. 3 des Abkommens werde hingegen von den Tanzschulen oft nicht
eingehalten. Er lautet: "Tanzschulen, die neben Grund-,
Fortgeschrittenen- und Medaillenkursen auch Tanzkreise betreiben,
werden durch den ADTV dazu angehalten, entweder Tanzsportvereine im
DTV zu gründen oder mit DTV-Vereinen zu kooperieren und Werbung für
die Mitgliedschaft in DTV-Vereinen zu unterstützen."
In mehreren Wortbeiträgen wurde dann in Jena übereinstimmend
die Kündigung des Abkommens als die notwendige Konsequenz
dargestellt. Auf Vorschlag der Verbandstagsleitung kam es dann zu
einer "Feststellung eines Meinungsbildes durch Hand- oder
Stimmkartenanzeige" darüber, "wer für die Beibehaltung des
ADTV/DTV-Abkommens ist", so das Verbandstagsprotokoll. Dabei ergab
sich eine klare Mehrheit für eine Beendigung des
ADTV/DTV-Abkommens. Allerdings sollte das Abkommen nicht sofort
gekündigt, vielmehr sollten vor dem Hintergrund dieses
Meinungsbildes zunächst weitere Gespräche mit dem ADTV geführt
werden.
Das ist inzwischen geschehen, und zwar vor allem mit der
Tanzschulinhaber-Vereinigung TSIV, einer Untergliederung des ADTV.
Dieser Weg hat sich deshalb angeboten, weil auf die Realisierung
der einzelnen Punkte des Abkommens in erster Linie die
Tanzschulinhaber Einfluss nehmen können, weniger dagegen die nicht
selbständigen ADTV-Mitglieder, die sich in einem Arbeitsverhältnis
zu einer Tanzschule befinden.
Verhandlungskommissionen des DTV und der TSIV sind nach einem
Vorgespräch insgesamt dreimal zusammengekommen. Dabei konnten
ermutigende Ansätze für eine künftige Kooperation erarbeitet
werden. Vizepräsident Holger Liebsch hat dem Verbandstag
ausführlich über den Stand der Verhandlungen berichtet.
Denkbar sind nach seinen Ausführungen u.a.
- Organisation offener Wettbewerbe in den 10 Tänzen des
Turnierprogramms gemeinsam durch Tanzschulen und Tanzsportvereine
- Gemeinsamkeiten in der fachlichen Ausbildung und Lehre
- engere Zusammenarbeit zwischen Tanzlehrerakademie und dem
Lehrressort des DTV
- Verbesserung der bestehenden Kooperation Tanzschulen und
Tanzsportvereinen
- Erarbeitung neuer Wettbewerbsformen für und in Tanzschulen
und Vereinen (z.B. JMD u.a.)
- gemeinsame Aktionen zwischen Tanzschulen und Vereinen
( Shows, Bälle, Events, Tage der offenen Türe, ?Tag des
Tanzens? usw.)
- Austausch von Lehrkräften und Gasttrainern zwischen
Tanzschule und Verein
Mit Rücksicht auf diese jetzt gegebene Verhandlungssituation
fand ein Antrag aus der Mitte des Verbandstags eine nahezu
einstimmige Mehrheit:
"Der Verbandstag 2004 beschließt nicht über eine Kündigung
des ADTV-DTV-Abkommens. Statt dessen werden das Präsidium und der
Hauptausschuss beauftragt, unverzüglich mit dem ADTV über eine
Novellierung des Abkommens zu verhandeln. Kommt es zu keinen
Verbesserungen des Abkommens im Sinn einer Kooperation beider
Organisationen mit beiderseitig einhaltbaren Verpflichtungen,
sollte der Hauptausschuss für den Verbandstag das Abkommen
kündigen. Bei erfolglosen Verhandlungen erfolgt die Kündigung
spätestens zum DTV-Verbandstag 2006."
Dieser Beschluss des Verbandstages dürfte die letzte Chance
darstellen, die Beziehungen zwischen dem DTV und ADTV/TSIV auf eine
neue Grundlage zu stellen. Spätestens bis zum nächstem Frühjahr
müssen die Gesprächen erfolgreich sein, wenn eine Kündigung des
Abkommens vermieden werden soll.
Der Beschluss sollte nicht als ein Zeichen der Schwäche des
DTV missdeutet werden, sondern als ein Zeichen der Vernunft der
Delegierten, die sich gegen Konfrontation und für Kooperation zu
vernünftigen und fairen Bedingungen ausgesprochen haben. Die rund
2.500 Tanzsportvereine werden aber ihre ursprüngliche Forderung der
Kündigung des Abkommens nur aufgeben, wenn bald greifbare
Ergebnisse erzielt werden.
Anlage:
Abkommen ADTV - DTV
Der DTV und der ADTV sind übereingekommen, das Abkommen vom
24. August 1968 und die Fortschreibung vom 21. Mai 1975 zu
überarbeiten, neu zu formulieren und fortzuschreiben. DTV und ADTV
stellen gemeinsam fest, dass der Geist dieses Abkommens sich in den
vergangenen Jahren zum Wohl beider Verbände ausgewirkt hat. Sie
sehen die Tätigkeit der Mitglieder des ADTV u.a. auch als eine
Vorbereitung zum Einstieg in den Tanzsport an. Beide Verbände
halten eine weitere partnerschaftliche Zusammenarbeit für notwendig
und für beide Seiten nützlich. Im Zuge dieser Erkenntnis und der
zwischenzeitlichen Fortentwicklung wird zwischen DTV und ADTV das
Folgende vereinbart:
1. Tanzkurse im Rahmen des Welttanzprogramms, wie sie
Tanzschulen durchführen, dürfen auch in DTV-Vereinen nur von
ADTV-Mitgliedern geleitet werden. Diese sollten nach Möglichkeit
eine DSB-Lizenz besitzen.
Öffentliche Werbung durch DTV-Vereine für Tanzkurse dieser
Art ist nicht zulässig. Mitgliederwerbung von DTV-Vereinen für den
Tanzsport, insbesondere Vereinswerbung im Rahmen der Aktionen des
DSB, ist hingegen zulässig.
Soweit Tanzschulen Wettbewerbe von Kursusteilnehmern
veranstalten, handelt es sich ausschließlich um
Vergleichswettbewerbe (ohne Startkarten/Startbücher oder
Aufstiegsregelungen) von maximal 5 befreundeten Tanzschulen.
Öffentliche Werbung hierfür ist nicht zulässig.
Formationswettbewerbe Standard und Latein sind nur unter dem
Dach des DTV möglich.
2. Die Rahmenrichtlinien des DTV und des DSB für die
Ausbildung von Lehrkräften im DTV erkennt der ADTV an. Als "anderer
Ausbildungsträger" außerhalb des DTV im Sinne dieser
Rahmenrichtlinien kommt in den Tanzsportarten Standard und Latein
für den fachlichen Teil (Fach 5 der Richtlinien) nur der ADTV in
Betracht.
Der DTV erkennt den ADTV als die Berufsorganisation der
Tanzlehrer in Deutschland an.
3. Tanzschulen, die neben Grund-, Fortgeschrittenen- und
Medaillenkursen auch Tanzkreise betreiben, werden durch den ADTV
dazu angehalten, entweder Tanzsportvereine im DTV zu gründen oder
mit DTV-Vereinen zu kooperieren und Werbung für die Mitgliedschaft
in DTV-Vereinen zu unterstützen.
4. Das Freizeit-/Breitensportkonzept des DSB wird von diesem
Abkommen nicht berührt.
5. Aktivitäten zum Erwerb der Trimm-Medaillen des DSB und des
DTSA auf Seiten des DTV sowie des D.T.A. auf Seiten des ADTV werden
von diesem Abkommen nicht erfasst.
6. Die Fachverbände mit besonderer Aufgabenstellung im DTV
und der Deutsche Professional Tanzsportverband (DPV) werden wegen
eigener Sporthoheit von diesem Abkommen nicht erfasst.
7. Auf Landesebene werden paritätisch besetzte
Schlichtungsstellen eingerichtet, die die Einhaltung dieses
Abkommens überwachen und auftretende Streitigkeiten schlichten. Als
Berufungsinstanz wird eine Bundesschlichtungsstelle eingerichtet.
Näheres regelt ein diesem Abkommen beigefügtes Zusatzprotokoll.
8. Dieses Abkommen schreibt das bisher geltende Abkommen vom
24. August 1968 und seine Änderung vom 21. Mai 1975 fort.
Es gilt unbefristet. Es kann jederzeit fristlos gekündigt
werden, und zwar auf seiten des DTV durch Beschluss des
Verbandstags, auf Seiten des ADTV durch Beschluss von dessen
Mitgliederversammlung.
von Falko Ritter Uhr