Persönliche Haftung ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder
Die Haftung gegenüber Dritten
In einem ersten Teil ist bereits die mögliche persönliche
Haftung von Vereinsvorständen aus ihrer Geschäftsführung gegenüber
dem Verein selbst behandelt worden. Die folgenden Ausführungen
befassen sich mit der möglichen Haftung gegenüber Dritten,
insbesondere bei etwaigem Überschreiten der Vertretungsmacht, bei
unerlaubten Handlungen, bei Vorenthaltung von Steuern und
Sozialabgaben sowie bei Verstößen gegen die Insolvenzordnung.
Vorab sei nochmals in Erinnerung gerufen, daß nach § 31 BGB zwar
der Verein grundsätzlich selbst für alle in amtlicher Eigenschaft
erfolgten rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Handlungen des
Vorstandes haftet, die aus irgendeinem Grund zum Schadensersatz
verpflichten. Dennoch kann nicht selten auch eine persönliche
Haftung von Vorstandsmitgliedern allein oder neben dem Verein
gegeben sein.
Handeln ohne Vertretungsmacht
Vorsicht ist geboten, wenn ein Vorstandsmitglied seine - im
Vereinsregister eingetragene - Vertretungsmacht überschreiten will,
da sich in diesem Fall ein Geschäftspartner nach § 179 BGB nur an
das Vorstandsmitglied persönlich als sog. Vertreter ohne
Vertretungsmacht halten könnte, falls der Verein das Vorgehen des
Vorstandes nicht genehmigen sollte.
Unerlaubte Handlungen
Schädigt ein Vorstandsmitglied einen Dritten ohne Rechtsgrund
und schuldhaft durch eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 823
BGB (zum Beispiel durch Hingabe eines ungedeckten Schecks oder eine
Körperverletzung aufgrund nicht organisierter winterlicher
Streupflicht vor der vereinseigenen Sporthalle) oder durch eine
Aufsichtspflichtverletzung nach § 832 BGB, kann sich ein
Geschädigter gemäß § 840 Abs. 1 BGB wahlweise an den Verein oder
das Vorstandsmitglied persönlich halten. Zu der Frage, wie es sich
mit einem ev. Regress verhält, wenn der Verein in Anspruch genommen
werden sollte oder ob bei Inanspruchnahme des Vorstandsmitglieds
ein Freistellungsanspruch gegen den Verein bestehen kann, darf auf
den ersten Teil der Ausführungen zur Haftung ehrenamtlicher
Vorstandsmitglieder verwiesen werden.
Erfüllung steuerlicher Pflichten
Gegenüber Steuerbehörden haften nach § 69 in Verbindung mit §
34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auch die Vorstandsmitglieder als
gesetzliche Vertreter im Sinne von § 26 BGB, falls Steuern (wie
Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer, Lohn- und
Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschläge) aufgrund vorsätzlicher
oder grob fahrlässiger Verletzung steuerlicher Pflichten nicht
rechtzeitig festgesetzt werden können oder nicht abgeführt werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gilt dies auch für
ehrenamtliche Vorstandsmitglieder. Können beispielsweise im
Insolvenzverfahren die Finanzbehörden rückständige Steuern beim
Verein nicht mehr realisieren, können sie dafür die im Sinne von §
69 AO schuldigen Vorstandsmitglieder persönlich in Anspruch nehmen.
Dabei trifft alle vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder
grundsätzlich eine Gesamtverantwortung, der allerdings durch eine
eindeutige Geschäftsverteilung begegnet werden könnte. Ist in der
Satzung oder einer Geschäftsordnung die Abwicklung der steuerlichen
Angelegenheiten zweifelsfrei dem Schatzmeister zugeordnet, scheiden
die anderen Vorstandsmitglieder - allerdings nur dann - als
persönlich Haftende aus, wenn für sie kein Anlass bestand, an der
ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten durch den
Schatzmeister zu zweifeln.
Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen
Gleiches wie bei den Steuern gilt, wenn durch den Verein als
Arbeitgeber Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung und
zur Bundesanstalt für Arbeit der jeweiligen Einzugsstelle
mindestens bedingt vorsätzlich (d.h. billigend in Kauf nehmend)
nicht abgeführt werden. Auch hier kann es u.U. zu einer
persönlichen Inanspruchnahme der Vorstandsmitglieder kommen.
Insolvenzantragspflicht
Immer häufiger zwingt die wirtschaftliche Entwicklung Vereine
zur Aufgabe oder zumindest in finanzielle Bedrängnis,wobei dies mit
einem besonderen, oft existentiellen Haftungsrisko für den
Vereinsvorstand bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht
verbunden sein kann. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB hat nämlich der
Vereinsvorstand im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der
Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.
Zahlungsunfähig ist ein Verein, wenn sich bei einer
Gegenüberstellung der fälligen Zahlungsverpflichtungen
(Passivseite) mit den vorhandenen oder präsenten Zahlungsmitteln
(Aktivseite) eine Unterdeckung ergibt.
Überschuldet ist ein Verein, wenn das Vermögen die
Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Ist eine dieser Situationen
gegeben, trifft jedes vertretungsbefugte Vorstandsmitglied nach
überwiegender Meinung ungeachtet einer ev. Ressortverteilung die
Antragspflicht selbst im Ehrenamt. Wird die Antragstellung
verzögert, sind nach § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB die
Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den
Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden gesamtschuldnerisch
verantwortlich. Als Verschulden reicht bei verzögerter
Insolvenzantragstellung (anders als im Steuerrecht) bereits
einfache Fahrlässigkeit aus. Die Vereinsvorstände müssen daher die
wirtschaftliche Situation ihres Vereins ständig im Auge behalten
und bei ersten Krisenanzeichen eine Schuldendeckungsprüfung
vornehmen.
Persönliche Eignungsprüfung
Ein Vorstand, dessen persönliche Eignungsprüfung
(Qualifikation und zeitliche Ressourcen) positiv ausfällt und der
mit der gebotenen Sorgfalt seine Vereinsgeschäfte führt, sollte
nunmehr auch die haftungsrechtliche Problematik kennen und bei
deren Beachtung ohne Haftungsängste mit Mut und Selbstvertrauen
seinen Verein führen können.
Holger Liebsch
Schriftführer
Deutscher Tanzsportverband e.V.
von Holger Liebsch Uhr