Erste Weltmeisterschaft des neuen Profi-Verbandes
International Professional Dance Sport Council (IPDSC) - so
heißt der neu gegründete Verband der Professionals unter dem Dach
der IDSF. Rund 30 nationale Mitgliedsverbände der IDSF waren bei
einem Treffen am 12.12.2006 in Rom direkt oder durch Vollmachten
vertreten. Bei diesem Treffen wurde mit großer Mehrheit den Plänen
für die IPDSC-Weltmeisterschaften der Professional in Standard und
Latein im Januar in Madrid zugestimmt. Der DTV hatte sich im
Vorfeld nachdrücklich gegen eine solche Weltmeisterschaft zu diesem
Zeitpunkt ausgesprochen und gefordert, dass zunächst "statues" und "
competition rules" für den neuen Verband erarbeitet werden
müssten. Außerdem seien derzeit weder der Verband selbst noch
weitere Profi-Weltmeisterschaften aus sportlicher Sicht sinnvoll
oder erforderlich.
Zur Erinnerung:
Seit längerer Zeit sind die IDSF und der WDC (früher:
WD&DSC) zerstritten. Grund war - etwas vereinfacht - u.a. die
direkte und indirekte Unterstützung der neu gebildeten
internationalen Amateurorganisationen im Tanzsport (IDU und IDSA)
durch hochrangige Funktionäre des WDC. Zwischen den Funktionären
beider Verbände bestand "Sprachlosigkeit", statt ernsthaft
miteinander zu reden und konstruktiv nach Problemlösungen zu
suchen, gab es Konfrontationen und gegenseitige Drohungen. Der DTV
hatte Ende 2005 die Initiative ergriffen und für seinen Bereich mit
dem WDC ein Memorandum geschlossen, in dem sich beide Verbände zu
einer engeren Kooperation verpflichten, eine Unterstützung der IDU
oder anderer internationaler Amateurorganisationen durch den WDC im
Bereich des DTV ausgeschlossen wird und das Ziel eines gemeinsamen
internationalen Verbandes für Amateure und Profis ausdrücklich
bekräftigt wird. Inhalt und Zielsetzung hatte der DTV mit seinem
Mitglied DPV (Deutscher Professionaltanzsport Verband), der ja
seinerseits Mitglied im WDC ist, abgestimmt.
An das Abkommen haben sich bis heute alle Beteiligten
gehalten. Es hätte ein Beispiel sein können für die - erneuerte -
Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Die damals handelnden
Personen bei der IDSF sind diesem Beispiel leider nicht gefolgt. Zu
tief waren offenbar die Gräben und zu unterschiedlich die
Situationen in Asien und Europa. Und die persönlichen Interessen
einiger Funktionäre haben ihr übriges getan. Kurzum: Beim AGM
(Annual General Meeting) der IDSF im Juni diess Jahres in
Wels/Österreich wurde gegen den ausdrücklichen Rat und gegen das
Votum des DTV (im Wesentlichen öffentlich nur unterstützt durch den
englischen Verband) auf Antrag und Drängen des italienischen
Verbandes beschlossen, dass es künftig auch eine
Professional-Abteilung in der IDSF oder unter ihrem Dach geben
kann.
Wir hielten - und halten - diese Entscheidung für unnötig,
sportlich schädlich und verbandspolitisch falsch. Um es auch hier
noch mal deutlich zu unterstreichen: Das Ziel, nur einen, für
Amateure wie Professionals zuständigen Verband weltweit zu haben,
wird vom DTV nachdrücklich unterstützt. Der Weg dorthin muss aber
nach unserer Überzeugung durch Gespräche und Vereinbarungen Schritt
für Schritt gefunden werden. Kooperation statt Konfrontation. Statt
mehr Kooperation zwischen IDSF und WDC, die den Tanzsport über
Jahrzehnte trotz vieler Probleme insgesamt immer vorangebracht hat,
war nach den Beschlüssen von Wels verstärkt Konfrontation zu
befürchten.
Ferrugio Galvagno, Präsident des italienischen Verbandes,
wurde mit dem "Projekt Profi-Verband" vom IDSF-Präsidium
beauftragt. Das Ergebnis: Bereits vor dem Treffen in Rom war die
neue Weltmeisterschaft der Profis geplant, für Januar alle
Vorbereitungen getroffen und international eine Einladung an alle
Verbände bzw. deren Profi-Sportler verschickt - ohne Beschluss des
IDSF-Präsidiums oder in anderer Form legitimiert. In zahlreichen
persönlichen und telefonischen Gesprächen sowie schriftlichen
Stellungnahmen wurde dem Präsidium der IDSF seitens des DTV der
Unmut über dieses Verfahren zum Ausdruck gebracht. Wir waren auch
nicht die Einzigen. Der Unmut über die Art des Vorgehens wuchs auch
bei anderen Verbänden. Es wurden von uns konkrete Vorschläge
unterbereitet, wie man aus dieser - ja auch für das IDSF-Präsidium
unangenehmen - Situation herausfinden könnte. Aber: Es waren ja
nicht alle im IDSF-Präsidium gegen eine derartige Vorgehensweise!
Leider konnten sich der IDSF-Präsident Carlos Freitag, in den
wir große Hoffnungen und Erwartungen gesetzt hatten, ebenso wie der
IDSF-Generalsekretär Marco Sietas und der IDSF-Sportdirektor Heinz
Späker nicht gegen die "Hardliner" durchsetzen. Einziger "
Teilerfolg": Die vorgelegten Entwürfe für die Statuten und die
Turnier- und Sportordnung des neuen Profiverbandes wurden nicht "ad
hoc" verabschiedet. Hier wurden verschiedene Kommissionen gebildet,
die bis zum AGM 2007 das Regelwerk erarbeiten und dann vorlegen
sollen. Die Hauptsache - und das ist das Entscheidende - konnte
jedoch nicht verhindert werden: Es wird nun neben den
Weltmeisterschaften des WDC auch solche des IPDSC geben.
Sanktionsmaßnahmen des WDC für ihre Paare bei einem Start auf
Turnieren des neuen Verbandes wurden angekündigt, die bestehenden
Amateurverbände IDU und IDSA stehen kurz vor einer - bislang auch
durch den DTV verhinderten - Aufnahme in den WDC. Sportlich ist
dies aus Sicht des DTV katastrophal. Wir kennen auch keine
Sportler, die sich so etwas wünschen. Warum also? Einfluss, Macht
und wirtschaftliche Interessen haben hier leider den Sieg davon
getragen. Es wird nun auch einen Machtkampf innerhalb des WDC
geben, denn eines darf nicht vergessen werden: Es sind insbesondere
Profis aus dem WDC selbst, die die "Profi-Fraktion" der IDSF so
massiv unterstützen. Es wird sich zeigen, wie sich die
Profisportler weltweit verhalten. Wir können die weitere
Entwicklung nun zunächst nur beobachten.
Franz Allert
Präsident DTV
von Heidi Estler Uhr