Angst oder fehlender Mut? Ein offenes Wort...
Was treibt einen Tanzsportfan zum Verschicken von "anonymen"
Briefen und e-mails zum Thema:
- "Illegal eingereiste Paare starten unzulässigerweise bei
Deutscher Meisterschaft"
oder
- "Darf ein Turnierleiter ein Paar starten lassen, wenn er
durch "Gerüchte" zu der Auffassung gelangt ist, dieses Paar halte
sich illegaler Weise in Deutschland auf?"
oder
- "Wer kontrolliert die Aufenthaltserlaubnis bei einem
Turnier?"
oder
- "Gewinnen bei uns nur noch die Russen?"
oder
- " Ich lege mir jetzt auch einen östlichen Namen zu, dann
kann auch ich gewinnen?"
u.s.w.
Derartige e-mail- und Faxketten werden zur Zeit (unmittelbar
vor einer Deutschen Meisterschaft) in großen Mengen im Deutschen
Tanzsportverband zur Verteilung gebracht. Davon abgesehen, dass wir
grundsätzlich auf solche Verfahrensweisen einer "Anonymität" nicht
reagieren sollten, stimmt es mich bedenklich, wenn dies der Stil
des Umgangs in unserem Verband und in unserem geliebten Sport sein
sollte.
Dies hatten wir alles doch schon einmal, oder nicht?
Unter Demokraten kann man auch dann seine Meinung sagen, wenn
dies Anderen unbequem ist und auch mal wehtut, so lange man sich an
die üblichen Umgangsformen hält und nicht unterhalb der Gürtellinie
argumentiert.
Für die Argumente derer, die sich für weniger
Internationalität unter den Namen der Paare auf den Startlisten der
DTV-Turniere aussprechen, habe ich Verständnis, wenn gleich ich sie
nicht teilen kann.
Jedes Paar ist zu schlagen, man muss sich nur entsprechend
quälen und noch mehr wie bisher, trainieren. Und - überall gibt es
auch stets Bessere, die einem überlegen sind - zumindest für eine
gewisse Zeit. Dies macht erst den sportlichen Wettstreit spannend
und liebenswert.
Mir hat man vor vielen Jahren einmal gesagt: Wer gewinnen
will, muss auch verlieren können.
Und, ich habe längst begriffen, dass kaum einer von uns von
seiner Abstammung her und seiner Herkunft nach mehr oder weniger "
deutsch" oder gar pfälzisch ist oder sich fühlen darf. In uns
Pfälzern stecken neben der bayrischen Komponente, auch Hugenotten,
Franzosen, Russen, Österreicher, Engländer und seit dem 2.
Weltkrieg auch viele andere Nationalitäten. Unsere Namen sind ein
deutliches Beispiel für die multikulturelle Vergangenheit. Gleiches
gilt für alle anderen Bundesländer in vergleichbarem Maß.
Die Frage einer Startberechtigung bei Landes- oder deutschen
Meisterschaften für Paare aus benachbarten Staaten muss vom
entsendenden Verein und/oder Landestanzsportverband bei Beantragung
eines Startbuches oder Aufnahme u.s.w. geprüft werden. Dies ist
nicht die Aufgabe eines Turnierleiters. Das heute gültige
Ausländerrecht mit den Bedingungen für eine legale Einreise und den
Aufenthalt und die für den DTV und die IDSF gültigen sportlichen
Regeln sind hinreichend erläutert und für Jedermann einsehbar und
nachzuschlagen. Ausländerpolizei und Ordnungsbehörden der Städte
und Landkreise sind zuständig für die Erteilung von unbefristeten
oder befristeten Aufenthaltsgenehmigungen und/oder
Aufenthaltsduldungen. Allerdings darf nicht verschwiegen werden,
dass das derzeit gültige Recht die Begünstigung und/oder Förderung
von illegalen Einreisen (außerhalb der schon heute geltenden
vielfältigen Möglichkeiten einer legalen Einreise) mit staatlichen
Sanktionen belegt hat. Hier ist allerdings die Beweislast zu
beachten. Gerüchte allein reichen nicht aus, Sanktionen oder
Startverbote zu verhängen. Auf das Sonderrecht innerhalb der
Staaten der Europäischen Gemeinschaft/Europäischen Union muss auch
noch hingewiesen werden. (Freier Verkehr für Waren,
Dienstleistungen, Personen und Kapital)
Allein aus einem Namen auf die mögliche illegale Einreise zu
schließen, ist schon sehr makaber. Gott sei Dank ist bei der
bevorstehenden DM ein Präsidiumsmitglied Turnierleiter und auch der
Bundesjugendwart ist anwesend. Damit dürften alle Sorgen wegen
möglichem TSO-Verstoß und unerlaubtem Start ausgeräumt sein.
Mehr Fairness im gegenseitigen Umgang ist angesagt.
Holger Liebsch
Präsident Tanzsportverband Rheinland-Pfalz
von Holger Liebsch Uhr